Literaturtage

        Im Weinwerk

 

Ilija Trojanow

Ilija Trojanow – geboren 1965 in Bulgarien. Kurz vor seiner Einschulung flohen seine Eltern mit ihm über Jugoslawien und Italien nach Deutschland, wo sie in München politisches Asyl erhielten. Ein Jahr später zog die Familie nach Kenia, wo sein Vater als Ingenieur arbeitete. Von 1972 bis 1984 lebte Ilija Trojanow in Nairobi, danach studierte er in Paris Jura, Ethnologie und Havarie an der Maximilians-Universität in München.

Anfang der neunziger Jahre durchreiste Trojanow Afrika. Aus dieser Zeit stammt sein erstes Buch In Afrika. Mythos und Alltag Ostafrikas (Marino 1993), in dem er schildert, wie sich sein anfängliches Befremden in Interesse und Zuneigung für seine neue Heimat Kenia verwandelt. Nach Naturwunder Ostafrikas (Frederking & Thaler 1994), erschien 1996 Hüter der Sonne. Begegnung mit Simbabwes Ältesten (Frederking & Thaler), im selben Jahr erschien auch sein erster Roman Die Welt ist groß und Rettung lauert überall (Hanser), der von der Exilerfahrung einer Familie vom Balkan in einem italienischen Asylantenheim handelt. 1998 übersiedelte Trojanow nach Bombay. Aus Indien schrieb er Reportagen und Essays unter anderem für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die Süddeutsche Zeitung und die Neue Zürcher Zeitung. 1999 erschien sein Essay Hundezeiten. Heimkehr in ein fremdes Land (Hanser) über seine Rückkehr nach Bulgarien. 2001 unternahm er einen dreimonatigen Fußmarsch durch Tansania auf den Spuren des englischen Entdeckers und Orientalisten Sir Richard Francis Burton (1821-1890). Im selben Jahr erschien das Buch Der Sadhu an der Teufelswand (Frederking & Thaler). An den Inneren Ufern Indiens (Hanser 2003) schrieb Trojanow, nachdem er entlang des Ganges von der Quelle bis zur Mündung gereist war. Im Jahr darauf nahm er an der Hadsch teil; davon berichtet er in dem Buch Zu den heiligen Quellen des Islams. Als Pilger nach Mekka und Medina (Piper 2004). 2006 erschien sein umfangreicher Roman Der Weltensammler (Carl Hanser), der den Preis der Leipziger Buchmesse gewann und monatelang auf den Bestsellerlisten in Deutschland, Schweiz und Österreich stand. Weitere Bücher: 2007 Nomade auf vier Kontinenten (Eichborn) und der Essay Kampfabsage. Kulturen bekämpfen sich nicht, sie fließen zusammen (Blessing), 2008 Der entfesselte Globus  (Hanser Verlag), 2011 folgte der Roman EisTau ebendort. 2013 erschien sein viel beachteter Essay Der überflüssige Mensch bei Residenz, eine humanistische Streitschrift wider die Überflüssigkeit des Menschen. 2017: Nach der Flucht (S. Fischer), in dem Ilija Trojanow poetisch und reflektierend von seinen eigenen Prägungen als lebenslang Geflüchteter erzählt und damit eine Topographie des Lebens nach der Flucht entwirft. Ebenfalls 2017 veröffentlichte Ilija Trojanow den zweisprachigen Gedichtband verwurzelt in Stein (Das Wunderhorn). Darin begibt er sich an vergessene Orte im Khmer-Königreich Kambuja (im heutigen Kambodscha) und erforscht das Jetzt, in dem jede Epoche sich mit Relikten, Fetischen und Psychosen bemerkbar macht.  2018: „Hilfe? Hilfe! Wege aus der globalen Krise“ (S. Fischer), ebenfalls 2018 erschien im Piper Verlag „Gebrauchsanweisung fürs Reisen“. Darin schreibt Ilija Trojanow ausgehend von persönlichen Erlebnissen über Sinn und Ertrag des Vagabundierens, verbindet profundes Reflektieren mit Lustigem und Leichtem und spannt den Bogen bis zum Massentourismus und zum Reisen als Kunst, die es neu zu entdecken gilt. Neu im Sommer 2020: Doppelte Spur, Roman, S. Fischer.

Trojanow wurde mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet, u. a. Würth-Preis für Europäische Literatur (2010), Heinrich-Böll-Preis (2017), 2018 erhielt er den Usedomer Literaturpreis, den Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln sowie den Vilenica International Literary Award. Seine Bücher wurden in 31 Sprachen übersetzt.


Foto: Thomas Dorn